Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris)
Gründe für Auswahl: Im Alpenvorland vor allem entlang des Lechs, der Wertach sowie östlich und südöstlich des Ammersees verbreitet, ansonsten im AV sehr seltene oder fehlende Art (s. SCHÖNFELDER & BRESINSKY 1990: Karten-Nr. 361). Die im Gebiet auftretende Nominatform Pulsatilla vulgaris subsp. vulgaris besitzt eine vorwiegend mitteleuropäische Verbreitung, sodass sich eine „sehr große“ Erhaltungsverantwortung (= Stufe 5, vgl. WELK 2002: 119) ergibt.
Rote-Liste Einstufung Bayern: Gefährdet (Grad 3).
Rote-Liste Voralpines Hügel- und Moorland: Stark Gefährdet (Grad 2).
Standort: Trockene Kalkmagerrasen. Im Gebiet nur auf fachgründigen Pararendzinen über kiesigem und kalkreichem Moränenmaterial. Benötigt eine lückige Grasmatrix mit geringer Wuchsleistung und hohem Lückenangebot. Empfindlich gegen Streufilzdeckenbildung.
Vergesellschaftung: Im Gebiet vorwiegend nur in Erdseggenrasen vorkommend, gilt als kennzeichnende Art des Graulöwenzahn-Erdseggenrasens (Pulsatillo-Caricetum humilis). Die Übergangsbereiche zu Silberdistel-Horstseggenrasen (Carlino-Caricetum sempervirentis) werden von einzelnen Individuen noch mit besiedelt.
Artenschutzbedeutsame Arten in unmittelbarer Vergesellschaftung mit Pulsatilla vulgaris:Carex humilis, Calamintha alpina,Globularia cordifolia, Globularia punctata, Leontodon incanus, Potentilla arenaria, Teucrium montanum und Thesium rostratum.
Maßnahmen: Gezielte Maßnahmen zur Erhaltung der Gewöhnlichen Küchenschelle sind derzeit nur an einem Standort nicht erforderlich; ansonsten bedarf die Art gezielter Stützungsmaßnahmen. Die Mahd sollte durch das Striegeln außerhalb der Vegetationsperiode ergänzt werden, um übermäßige Vermoosungen, die eine Mächtigkeit von 2-3 cm erreichen können, zu beseitigen. Neben der Aufrechterhaltung der alljährliche Mahd muss insbesondere die Besucherlenkung am Hauptwuchsort der Küchenschelle im Lkr. Starnberg besser gesteuert werden. An einem weiteren Wuchsort ist neben der Aufrechterhaltung der Bestandspflege die Entfernung der zunehmend beschattend wirkenden Fichten zur Erhaltung der Küchenschellen-Bestände unvermeidlich, an den übrigen Wuchsorten die regelmäßige Bestandspflege fortzuführen.
Untersuchte Wuchsorte im Gebiet
Im Rahmen der vom Bayer. Landesamt f. Umwelt im Jahr 2004 beauftragten floristischen Untersuchungen wurden von Quinger insgesamt 9 Wuchsorte der Gewöhnlichen Küchenschelle untersucht, die auch im Jahr 2017 Gegenstand der Erfassungen waren.
Übersicht über die im Jahr 2017 untersuchten Wuchsorte: Von den im Jahr 2004 untersuchten Wuchsorten erhielten 2 ehemalige Wuchsorte keine eigenen Untersuchungen mehr. Dort gelangen bereits in den frühen 2010er-Jahren keine Nachweise mehr. Jeweils ein Kontrollgang im Frühjahr 2017 erbrachte dasselbe Negativergebnis.
Wuchsort 1: Nördlicher und südlicher Kalk-Halbtrockenrasen
Nördlicher Kalkmagerrasen: Zählpunkte: 3. Anzahl blühender Stöcke: 6. ASK.-Nr.: BN-GL_52 TK-Nr.: 7933/3 GK-RW: 4442607 GK-HW
Derzeitiger Bestand: Insgesamt sechs Stöcke an drei Zählpunkten. Im Jahr 2004 wurden an denselben Wuchsort sieben Stöcke gezählt. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass der Bestand akut hoch gefährdet ist.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Zunehmende Beschattung von den beiden Waldflächen im Norden und Süden.
Spezifische Maßnahmen: Den an sich hochwertigen Buchenwald im Süden nur behutsam auflichten (nur wenige Bäume entnehmen!), den Fichtenforst an der Nordseite hingegen auf mindestens 10 Meter Breite vollständig abräumen und den freiwerdenden Flächen eine Magerrasen-Regeneration in Gang setzen!
Südlicher Kalkmagerrasen: Zählpunkte: 17. Anzahl blühender Stöcke: 72. ASK.-Nr.: BN-GL_53 TK-Nr.: 7933/3 GK-RW: 4442601 GK-HW
Derzeitiger Bestand: Insgesamt 72 Stöcke an 17 Zählpunkten. Im Jahr 2004 wurden an demselben Wuchsort 30 Stöcke gezählt. Dieses deutet vorläufig auf Stabilität des Wuchsorts hin. Allerdings konnte der Verfasser an demselben Wuchsort in den frühen 2010er-Jahren ca. 110 Stöcke zählen. Insbesondere an der zunehmend beschatteten Westseite des Wuchsorts beginnt die Gewöhnliche Küchenschelle offenbar, sich zurückzuziehen.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Zunehmende Beschattung von dem Fichtenforst an der Westseite des Wuchsorts.
Spezifische Maßnahmen: Die Mahd-Pflege des Wuchsorts erfolgt in sachgerechter Weise. Der Fichtenforst an der Westseite sollte auf mindestens 15, besser 20 Meter Breite vollständig abräumt werden und auf den freiwerdenden Flächen eine Magerrasen-Regeneration in Gang gesetzt werden! Ohne die Entfernung der Fichten wird sich die Qualität dieses Wuchsorts auf Dauer kaum erhalten lassen.
Wuchsort 2: Zählpunkte: 4. Anzahl blühender Stöcke: 7. ASK.-Nr.: BN-GL_54 TK-Nr.: 8033/2 GK-RW: 4445563 GK-HW
Derzeitiger Bestand: Insgesamt sieben Stöcke an drei Zählpunkten. Im Jahr 2004 wurden an denselben Wuchsort fünf Stöcke gezählt. Der Bestand muss nach wie vor als akut hoch gefährdet eigestuft werden.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Der Lichthaushalt gibt zu keinen Beanstandungen Anlass; die Fläche wird auch alljährlich gemäht. Tendenziell könnte eine Behinderung durch zu dichte Moos-Streufilzdecken vorliegen, die sich bei normaler Mahd nur ungenügend beseitigen lassen.
Spezifische Maßnahmen: Der Wuchsortbereich sollte im Winterhalbjahr gestriegelt werden, um die durch Mahd schwer entfernbaren Streufilzdeckenbildung durch Moose zu verringern und das für die Küchenschelle nutzbare Lückenangebot zu erhöhen.
Wuchsort 3: West- und Südwestseite: Zählpunkte: 25. Anzahl blühender Stöcke: 384. ASK.-Nr.: BN-GL_55a TK-Nr.: 8033/1 GK-RW: 44405594 GK-HW
Südostseite: Zählpunkte: 20. Anzahl blühender Stöcke: 297. ASK.-Nr.: BN-GL_55a TK-Nr.: 8033/1 GK-RW: 4440641 GK-HW Nachstehend erfolgt eine gemeinsame Kommentierung für beide Teil-Wuchsorte.
Derzeitiger Bestand: Mit insgesamt 681 Stöcken der größte Bestand im Lkr. Starnberg. Ein Vorkommen von ähnlicher Individuenzahl im gesamten Naturraum Ammer-Loisach-Vorland gibt es darüber hinaus nur noch an einem Ort. Nach einem Vergleich mit den Zählergebnissen aus dem Jahr 2004, als eine Gesamtzahl von ca. 550 Stöcken registriert wurde, scheint das Vorkommen der Gewöhnlichen Küchenschelle an diesem Standort zumindest stabil zu sein, wenn nicht sogar leicht zugenommen zu haben.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Spezifische Gefährdungen der Gewöhnlichen Küchenschelle liegen hier derzeit anscheinend nicht vor. Die Kalkmagerrasen, in welchen die Küchenschellen gedeihen, werden offenbar sachgerecht gepflegt. Als allgemeiner Belastungsfaktor ist der enorme Freizeitbetrieb zu nennen, unter welchem die Vegetation des gesamten NDs leidet.
Spezifische Maßnahmen: Den Kalkmagerrasen alljährlich ab den 1.8. unter Belassung von Brachestreifen an Wuchsplätzen der Kalk-Aster mähen. Am Unter- und Mittelhang des Westanhangs, an welchem sich das Breitblättrige Laserkraut ausbreitet, sollten gezielt den Wuchsort dieser Pflanze erfassende Schnitte bereits in der ersten Julihälfte stattfinden. In turnusmäßigen Abständen von etwa fünf Jahren könnten die Wuchsortbereiche der Küchenschelle gestriegelt werden, um Streufilzdeckenbildung der Moose zu verringern und das für die Küchenschelle nutzbare Lückenangebot zu vergrößern.
Wuchsort 4: 4A: Zählpunkte: 11. Anzahl blühender Stöcke: 25. ASK.-Nr.: BN-GL_56 TK-Nr.: 8033/1 GK-RW: 4440338 GK-HW
4B: Zählpunkte: 5. Anzahl blühender Stöcke: 8. ASK.-Nr.: BN-GL_57 TK-Nr.: 8033/1. GK-RW: 4440426 GK-HW
Nachstehend erfolgt eine gemeinsame Kommentierung für beide Teil-Wuchsorte.
Derzeitiger Bestand: Mit insgesamt 33 Stöcken handelt es sich in den beiden unmittelbar benachbarten NDs um eher kleine Bestände der Küchenschelle. Zur sachgerechten Beurteilung der Küchenschellen-Vorkommen auf diesen beiden ND-Flächen ist der Umstand zu berücksichtigen, dass beide Flächen, da hinsichtlich des Wasserhaushalts als zu frisch zu betrachten, nicht - etwa im Unterschied zu den südexponierten Hängen - als optimale Standorte für die Gewöhnliche Küchenschelle eingestuft werden können.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Spezifische Gefährdungen der Gewöhnlichen Küchenschelle liegen an beiden NDs derzeit anscheinend nicht vor. Die Kalkmagerrasen, in welchen die Küchenschellen gedeihen, werden offenbar sachgerecht gepflegt. Ganz generell sind beide NDs zu sehr Nährstoffeinträgen ausgesetzt, die von benachbarten Wirtschaftsflächen aus erfolgen.
Spezifische Maßnahmen: Als spezifische Maßnahme, die der Küchenschelle zu Gute kommen würde, könnten in turnusmäßigen Abständen von etwa fünf Jahren ihre Wuchsortbereiche gestriegelt werden, um Streufilzdeckenbildung der Moose zu verringern und das für die Küchenschelle nutzbare Lückenangebot zu vergrößern.
Folgende Allgemeinmaßnahmen zu den NDs sind erforderlich: An der Westseite, da windexponierte LUV-Seite, ist unbedingt ein Pufferstreifen von mindestens 25 Meter Breite einzurichten, der düngungsfrei zu bewirtschaften ist, um schädigende Nährstoffeinträge zu verringern. An der Südseite ist ein Pufferstreifen von mindestens 10 Meter Breite anzulegen, der ebenfalls düngungsfrei zu bewirtschaften ist.
Wuchsort 5: Südwest-exponierter Kalkmagerrasen: Zählpunkte: 6. Anzahl blühender Stöcke: 17. ASK.-Nr.: BN-GL_58 TK-Nr.: 8033/1 GK-RW: 4440929 GK-HW
Derzeitiger Bestand: Mit insgesamt 17 Stöcken an sechs Zählpunkten kein unerfreuliches Ergebnis vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2004 lediglich 5 Stöcke registriert wurden. Akute Aussterbegefahr wie im Jahr 2004 ist derzeit nicht zu konstatieren.
Spezifische Gefährdungen am Wuchsort: Spezifische Gefährdungen der Gewöhnlichen Küchenschelle liegen derzeit anscheinend nicht vor. Die Kalkmagerrasen, in welchen die Küchenschellen gedeihen, werden offenbar sachgerecht gepflegt. Von der Südseite ist das ND zu sehr Nährstoffeinträgen ausgesetzt, die von benachbarten Wirtschaftsflächen aus erfolgen.
Spezifische Maßnahmen: Als spezifische Maßnahme, die der Küchenschelle zu Gute kommen würde, könnten in turnusmäßigen Abständen von etwa 5 Jahren ihre Wuchsortbereiche gestriegelt werden, um Streufilzdeckenbildung der Moose zu verringern und das für die Küchenschelle nutzbare Lückenangebot zu vergrößern.
Folgende Allgemeinmaßnahmen zu dem ND sind erforderlich: An der Südseite des NDs mitsamt des kompletten Kalkmagerrasens ist ein Pufferstreifen von mindestens 10 Meter, besser 15 Meter Breite anzulegen, der ebenfalls düngungsfrei zu bewirtschaften ist.
Generelle Beurteilung der Ergebnisse zur Art
Zum Erhaltungszustand der Bestände der Gewöhnlichen Küchenschelle im Lkr. Starnberg ist folgendes anzumerken:
Die Gewöhnliche Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) ist offenbar seit den ausgehenden 1980er-Jahren an mindestens vier ehemaligen Wuchsorten im Lkr. Starnberg erloschen.
Erhebliche spezifische Gefährdungen, die bei Fortwirken der Gefährdung Rückgänge erwarten lassen, sind bei einem weiteren Vorkommen gegeben. Hier ist die Abräumung einer zunehmend beschattend wirkenden Aufforstung der Westseite dieses Wuchsorts dringend erforderlich.
Einigermaßen stabil erscheinen derzeit 2 Vorkommen. Diese Stabilität gilt allerdings auf mittlere Sicht nur für den Fall, dass es gelingt, diese NDs wirksam vor Nährstoffeinträgen aus umgebenden Wirtschaftsflächen abzupuffern.
In einem derzeit gesicherten Zustand befinden sich anscheinend die Bestände an Wuchsort 3, die auf hohem Bestandsniveau stabil sind. Hier sind jedoch Regelungen des Freizeitbetriebs notwendig.
Bearbeiteter Auszug aus: B. Quinger "Erhaltungszustand einiger hoch bedrohter und einiger landkreis-bedeutsamer Gefäßpflanzen im Lkr.STA" 2017; Seite 99 ff
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