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Natur vor der Haustür

Weißes Veilchen (Viola alba)

Gründe für die Auswahl: Auf Südbayern beschränkte, aber auch dort sehr seltene Veilchenart im nördlichen Landkreis Starnberg und am Inn in den Landkreisen Mühldorf und Altötting (s. Schönfelder & Bresinsky 1990: Karten-Nr. 1054).

Der Landkreis Starnberg verfügt über die individuenreichsten bayerischen Vorkommen des vorwiegend submediterran verbreiteten Weißen Veilchens (Viola alba). Er zeichnet sich durch mehrere Wuchsorte aus, von denen allerdings seit den späten 1980er-Jahren mindestens drei dem Verfasser dieses Gutachtens noch aus eigener Anschauung bekannte Vorkommen erloschen sind.

Anmerkungen zu dem Areal von Viola alba: Das Weiße Veilchen (Viola alba) hat sein Hauptareal in Nordspanien, Südfrankreich, Italien sowie auf der Balkanhalbinsel inne (vgl. hierzu Meusel et al. 1978: 292). Im Westen im nördlichen Vorfeld der Alpen reicht sein geschlossenes Areal bis in die südliche Oberrheinebene sowie in das Hochrheingebiet. An der Ostseite der Alpen erstreckt sich das geschlossene Areal von Viola alba entlang der Donau bis nach Oberösterreich.

Zwischen den südbadischen Wuchsgebieten am Ober- und Hochrhein sowie den davon etwa 500 Kilometer entfernten nieder- und oberösterreichischen Wuchsgebieten entlang der Donau, die beide jeweils mit dem Hauptareal noch im unmittelbaren Zusammenhang stehen und diesem angehören, befinden sich im Alpenvorland einige kleine vom Hauptareal abgesplitterte Teilareale im östlichen Bodenseegebiet (vgl. hierzu Quinger 1993b:83ff.), im nördlichen Lkr. Starnberg östlich des Ammerseebeckens, im Rosenheimer Becken sowie am Inn im Lkr. Mühldorf und im Salzachmündungsbereich (zur Verbreitung in Bayern siehe Schönfelder & Bresinsky 1990:Karten-Nr. 1054). Diese voneinander über Entfernungen von ca. 100 Kilometer getrennten Vorkommensgebiete im mittleren Alpenvorland überbrücken gewissermaßen die etwa 500 Kilometer breite Lücke des Hauptareals zwischen dem südbadischen und dem nieder-/oberösterreichischen Raum.

Anmerkung zur Erfassung der Art:Viola alba bastardisiert gerne mit dem nah verwandten Behaarten Veilchen (Viola hirta). Ein Hinweis auf Hybridformen von weiß blühenden Veilchen liefert die Farbe des Sporns. Eine Violettfärbung des Sporns deutet auf Einhybridisierung von Viola hirta hin, wobei nach manchen Autoren auch Reinformen des Weißen Veilchens einen violettfarbenen Sporn haben können (Viola alba subsp. scotophylla, s. Schubert & Vent in Rothmaler 1994:199). Sicher um Reinformen von Viola alba handelt es sich bei den Formen mit einem grün-weißlichen Sporn (Viola alba subsp. alba s. Abb. 3/31).

Bei den Bestandszählungen war es nicht möglich Reinformen des Weißen Veilchens und Individuen mit möglicher Einhybridisierung des Behaarten Veilchen (= Viola alba x hirta) voneinander getrennt aufzunehmen. Es ist davon auszugehen, dass die zu den untersuchten acht Wuchsorten im Folgenden genannten Zahlen auch Hybridformen des Weißen Veilchens mit dem Behaarten Veilchen mit einschließen. Weitere Bastard-Formen des Weißen Veilchens (z.B. Viola alba x odorata, Viola alba x collina) kommen an den untersuchten Wuchsorten nicht vor.

Rote-Liste Einstufung Bayern: Stark gefährdet (Grad 2).

Rote-Liste Voralpines Hügel- und Moorland: Stark gefährdet (Grad 2).

Standort: Das Weiße Veilchen (Viola alba) bevorzugt an seinen Wuchsorten im Lkr. Starnberg besonnte Waldrandbereiche und Innenwaldsäume auf mäßig frischen bis mäßig trockenen, kalkreichen Mullhumus-Böden (Pararendzina bis Parabraunerde) über kiesigem Moränenmaterial. Die Art kommt im Randbereich von Buchenwäldern, stellenweise auch unter Eichen- und lockerer Fichtenbestockung vor, soweit diese keine geschlossenen Nadelstreuauflagen erzeugen und humusverändernd wirken. In gewissem Ausmaß wird das Weiße Veilchen offenbar von Ruderalisierungen begünstigt, soweit diese nicht mit Nitrophyten begünstigenden Eutrophierungen verbunden sind.

Es fällt auf, dass Viola alba häufig im Randbereich von Forststraßen vorkommt und dort gerne die angrenzenden Böschungshänge besiedelt, die bisweilen vom Wind ausgeblasen werden und an denen sich keine beträchtlichen Laubstreumengen ansammeln. Empfindlich ist das Weiße Veilchen offensichtlich gegen übermäßige Beschattung sowie gegen mächtige Streuanhäufungen. Das Bestandesinnere der Buchenwälder mit Viola-alba-Vorkommen am Waldrand wird von dieser Veilchenart gemieden. Der Lichtbedarf des Weißen Veilchens ist zwar geringer als der von Viola hirta, aber höher als der von Viola riviniana und besonders als der von Viola reichenbachiana. Buchenlaubstreu-Auflagen von mehr als 5-6 cm Mächtigkeit werden von der ausläufertreibenden Viola alba nur mühsam durchstoßen; die Bestandsdichte und die Blühwilligkeit sind an mehrere Zentimeter hoch streubedeckten Flächen weitaus geringer ausgeprägt als an Stellen, die keine geschlossene Streuschicht mehr aufweisen oder sogar streufrei sind.

Vergesellschaftung und Begleitpflanzen: Randzone eines Waldgersten-Buchenwalds (Hordelymo-Fagetum), stellenweise auch eines Seggen-Buchenwaldes (Carici-Fagetum). Einige Wuchsorte befinden sich in aufgelockerten Fichten-Altersklassenbeständen mit Carex alba-Feldschicht.

An seinen Wuchsorten im Lkr. Starnberg wird das Weiße Veilchen (mind. voneinander abgesetzte acht Einzelvorkommen) fast immer von folgenden Arten begleitet:

Gräser und Grasartige: Waldgerste (Hordelymus europaeus), Weiße Segge (Carex alba), Berg-Segge (Carex montana), Wald-Segge (Carex sylvatica).

Krautige Pflanzen: Buschwindröschen (Anemone nemorosa),Haselwurz (Asarum europaeum), Waldmeister (Galium odoratum), Leberblümchen (Hepatica nobilis), Bingelkraut (Mercurialis perennis), Behaartes Veilchen (Viola hirta), Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana).

Moose: Brachythecium rutabulum, Hypnum cupressiforme.

Maßnahmen: Ganz generell sind an den untersuchten Wuchsorten des Weißen Veilchens folgende Maßnahmen vonnöten:

  1. In den Wuchsbereichen des Weißen Veilchens sind die Bestockungsverhältnisse so einzustellen, dass die der Viola alba zusagenden Halbschattverhältnisse als Breitsaum erhalten bleiben; die Holzentnahmen sollten einzelstammweise oder in kleinen Gruppen vorgenommen werden und möglichst nicht in Form größerer Schläge erfolgen, die eine zu starke Bestandesauflichtung verursachen.
  2. Jungholzaufwuchs (z.B. Sambucus nigra) in den unmittelbaren Wuchsbereichen des Weißen Veilchens möglichst vollständig beseitigen; dasselbe gilt für sich ausbreitendes Strauchwerk der Brombeere (Rubus fruticosus agg.).
  3. In stark mit Fichten versetzten Wuchsortbereichen des Weißen Veilchens diese allmählich vollständig entfernen und allmählich durch eine lockere, nicht vollständig geschlossene Buchenbestockung ersetzen.
  4. Die Laubstreuanhäufungen an den unmittelbaren Wuchsortbereichen des Weißen Veilchens hin und wieder beseitigen; die Beseitigung der Laubstreu sollte im März nach der Schneeschmelze und noch vor der Blütezeit des Weißen Veilchens erfolgen.
  5. Neue Wegebaumaßnahmen und Weganlagen im unmittelbaren Wuchsortbereich des Weißen Veilchens vermeiden.
  6. Ablagerungen von geschlagenem Holz in den unmittelbaren Wuchsortbereichen des Weißen Veilchens unterlassen.

Auf für die einzelnen Wuchsorten spezifische und dringliche Maßnahmen wird in der Kommentierung zu den einzelnen Wuchsorten hingewiesen.

Bearbeiteter Auszug aus: B. Quinger "Erhaltungszustand einiger hoch bedrohter und einiger landkreis-bedeutsamer Gefäßpflanzen im Lkr.STA" 2017; Seite 99 ff
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