Die Sanatoriumswiese – fehlender Schutz für ein wertvolles Biotop?
Die Sanatoriumswiese gehört laut Gutachten des Dipl.-Biologen Burkhard Quinger aufgrund ihres Artenreichtums und ihrer Größe zu den wertvollsten artenreichen Mähwiesen im Südwesten der Münchner Ebene. Daher würde es die BN Kreisgruppe Starnberg sehr begrüßen, wenn die Gemeinde Krailling die Sanatoriumswiese in ihrer jetzigen ökologischen Qualität bewahren und dauerhaft als Naherholungsgebiet erhalten möchte, und dass die Gemeinde mit der Pflege der Sanatoriumswiese ein Zeichen für ihre ökologische Verantwortung setzen könnte.
Allerdings ist in diesem Jahr die Mahd und Pflege der Sanatoriumswiese leider als nicht zielführend einzustufen. Die erste Mahd des überwiegenden Teils der Wiese, eine sog. „artenreiche magere Flachland-Mähwiese“, hätte üblicherweise gegen Ende Juni erfolgen sollen. Dass sie erst am 6. August gemäht wurde, mag noch der Schlechtwetterperiode geschuldet gewesen sein. Aber dass das Mähgut als „gezielter Nährstoffeintrag“ liegen gelassen wurde, ist äußerst kontraproduktiv und völlig unüblich. Als Erhaltungsdüngung wird bei artenreichen mageren Mähwiesen gut abgelagerter Festmist empfohlen und keinesfalls das Liegenlassen von Mähgut. Dieses bildet eine verfilzte, bei Regen faulende Schicht, die die Keimung der wertgebenden typischen Wiesenkräuter verhindert und die Vegetation negativ verändert.
Dass sich das auf der Fläche verbleibende Mähgut heuer mit der späten Mahd noch in dieser Vegetationsperiode (April – Anfang Oktober) biologisch abbaut, entspricht leider nicht den Tatsachen, wie vor Ort festgestellt werden kann. Besonders problematisch ist, dass auch das Mähgut der wüchsigen Bereiche und der Insektenschutzstreifen-Altgrasbereiche von 2024 mit der inzwischen dichten Vegetation komplett liegen gelassen wurde, also samt auch dem Mähgut der z. T. in den wüchsigen Wiesenflächen gelegenen Insektenschutzstreifen.
Der Spaziergänger weiß die Schönheit der Wiese wegen ihrer Farbenpracht aus Wiesen-Glockenblume, Karthäuser-Nelke, Wiesen-Salbei, Wiesen-Witwenblume usw. als Naherholungsgebiet sehr zu schätzen. Und einer Vielzahl von Insekten wie Schmetterlinge, Wildbienen, Heuschrecken u. ä. bietet sie in einzigartiger Weise einen selten gewordenen Lebensraum. Vom Insektenreichtum profitieren wiederum Vögel, Fledermäuse und weitere Tiere. „Durch Intensivierung der Grünlandnutzung sind magere extensive Flachland-Mähwiesen heute sehr selten geworden“, so das Bundesamt für Naturschutz auf seiner Webseite. Diese starke Gefährdung der extensiv bewirtschafteten artenreichen Mähwiesen veranlasste die Regierung von Oberbayern bereits dazu, in mehreren bayerischen Landkreisen Projekte zum Erhalt dieser bedrohten Wiesen-Lebensräume durchzuführen. Zudem hat das Bayerische Umweltministerium heuer in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) einen „Leitfaden für den Erhalt und die Verbesserung der „Flachland- und Berg-Mähwiesen“ FFH-LRT 6510 und 6520 in Bayern“ (Mai 2025) herausgegeben, der den fachlichen Stand der Dinge erläutert.
Lesenswert ist auch die Einleitung des Leitfadens über die Bedeutung von artenreichen Mähwiesen und warum diese zu erhalten sind.
https://www.anl.bayern.de/publikationen/weitere_publikationen/doc/leitfaden_ffh-maehwiesen_2025.pdf
Das „Info-Blatt FFH-Mähwiesen“ des Umweltministeriums ist ebenfalls sehr lesenswert und kürzer:
https://www.anl.bayern.de/publikationen/weitere_publikationen/doc/infoblatt_ffh-maehwiesen_2025.pdf
In der Pressemitteilung der Gemeinde vom 6. August wird der zur Sanatoriumswiese gehörende, bis auf einen kleinen Bereich im Nordwesten zwischen Fischerfeldstraße und Kiesweg genauso gesetzlich geschützte Streuobstwiesen-Bereich der nördlichen Sanatoriumswiese unverständlicherweise überhaupt nicht erwähnt. Dieser wurde in diesem Jahr im Unterschied zur früher gebräuchlichen zweischürigen Mahd bereits drei, teilweise sogar vier Mal sehr kurz gemäht. Die Mahd erfolgte jeweils mit einem Mähfahrzeug mit Saugvorrichtung, bei der leider auch viele Insekten und andere Kleinlebewesen mit eingesaugt werden. Die Gemeinde begründet dies in einer E-Mail vom 12. Juni 2025 an die Vorsitzende der BN Ortsgruppe Krailling folgendermaßen: „Es ist so, dass dieser Bereich der Sanatoriumswiese zum Teil auch als Parkplatz genutzt wird, wie Sie wissen. Um diese Nutzung ganzjährig zu gewährleisten ist es sinnvoll diesen doch vergleichsweise kleinen Bereich der Sanatoriumswiese vom Bewuchs her niedrig zu halten. …“
Vorsorglich weist die BN Kreisgruppe Starnberg daraufhin, dass die bewusste Vorgehensweise der Gemeinde, „diesen (…) Bereich der Sanatoriumswiese vom Bewuchs her niedrig zu halten“ dem Verschlechterungsverbot dieser gesetzlich geschützten Wiesenbiotopfläche zuwider läuft und dieses wertvolle Biotop zerstören wird. Zwar mag es insgesamt gesehen ein „vergleichsweise kleine(r) Bereich der Sanatoriumswiese“ sein, doch handelt es sich immerhin um ca. einen Hektar gesetzlich geschützte Biotopfläche. Dies widerspricht der Absicht der Gemeinde, die Sanatoriumswiese in ihrer bisherigen ökologischen Qualität zu bewahren und ein Zeichen für die ökologische Verantwortung der Gemeinde zu setzen. Dies widerspricht zudem auch klar den Kriterien für eine bienenfreundliche Gemeinde.
Um für Veranstaltungen der Vereine wie z. B. das Duathlon des TV Planegg-Krailling und den Grillfesten des Gartenbau-Vereins, Parkplätze bereit zu stellen, ist eine häufigere als die ordnungsgemäße zweischürige Mahd gar nicht erforderlich. Unverständlich ist, dass die zweite, dritte und vierte Mahd des gesamten Streuobstwiesen-Bereichs der nördlichen Sanatoriumswiese erfolgten, obwohl im Anschluss gar keine Veranstaltungen stattfanden. Für die Parkplätze genügt ohnehin ein relativ kleiner Bereich der Streuobstwiese, keineswegs muss hierfür der gesamte Streuobstwiesen-Bereich der nördlichen Sanatoriumswiese und noch mehrere Meter darüber hinaus abgemäht werden, wie entsprechende Fotos der Parkplatzsituation bei diesen Veranstaltungen belegen. Ein gutes Miteinander von Mensch und Natur ist somit gut umsetzbar.
Die BN Kreisgruppe Starnberg hofft, dass die Gemeinde Krailling sich ihrer ökologischen Verantwortung bewusst ist und sowohl den ökologischen Wert als auch den Erholungswert der Sanatoriumswiese erhalten und entwickeln will. Um dies zu erreichen, müsste sie aber mit einer tatsächlich fachlich zielführenden Mahd und Pflege sowie mit einem Verzicht auf häufige, nicht erforderliche und Wiesenbiotop-zerstörende „Parkplatz-Mahd“ im Streuobstbereich der nördlichen Sanatoriumswiese ein echtes Zeichen für ihre ökologische Verantwortung setzen.
Der BN begrüßt es sehr, dass jetzt ein durch die UNB begleiteter Prozess beginnt, durch den die Gemeinde Krailling zu einem fachlich empfohlenen Mahd-Konzept der gesamten Sanatoriumswiese zurückkehren kann, das in Kombination mit einer wirklich zielgerichteten, sachgemäßen Erhaltungsdüngung die bisherige ökologische Qualität dieser wertvollen Wiese bewahrt, zum Wohl von Mensch und Natur.
>> weitere Infos zur unsachgemäßen Mahd der Sanatoriumswiese
Pressemitteilung der Kreisgruppe Starnberg vom 29.9.2025
Bild: Silvia Roelcke