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Landwirtschaft auf Moorböden – Ein Beitrag zu Klima- und Artenschutz? (Vierter Landwirtschaftstag)

Landwirte und Naturschützer im Dialog für mehr Moorschutz

 

Am Samstag, den 25.3.23 fand im Naturschutz- und Jugendzentrum in Wartaweil der vierte Landwirtschaftstag statt, zu dem Landwirte und Naturschützer aus ganz Oberbayern eingeladen waren, um sich zum Thema „Landwirtschaft auf Moorböden – Ein Beitrag zu Klima- und Artenschutz?“ auszutauschen.

Veranstalter waren wieder der BUND Naturschutz, der Bayerische Bauernverband (BBV) und das Amt für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten in Weilheim i. OB. Diese Partnerschaft hat sich nun schon zum vierten Mal bewährt, um einen Dialog zu ermöglichen.

Nach einleitenden Worten des BBV-Bezirkspräsidenten von Oberbayern Ralf Huber betonte Sabine Kahle-Sander, Regierungsvizepräsidentin der Regierung von Oberbayern, in ihrem Grußwort den guten Austausch, der ein konstruktives Miteinander ermögliche. „Das Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil, ist für den Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz genau der passende Ort, um für den Klima und Artenschutz effektiv etwas in die Wege leiten zu können“, so Kahle-Sander.

Die mehr als 100 Teilnehmer*innen aus Naturschutz und Landwirtschaft folgten zuerst den Ausführungen von Alfred Ringler, einem ausgewiesenen Ökologen und Moorexperten. Dieser zeigte zum Einstieg in die Thematik die Entwicklung der Moorflächen vorwiegend im Alpenvorland  auf. Die Entwässerung der Moore habe einst die Flächen im Sinne der Lebensmittelerzeugung urbar gemacht und stelle eine durchaus gewaltige Kulturleistung der früheren Landnutzung durch die Bäuerinnen und Bauern dar. „Und nun soll der Enkel die Drainagen, die der Großvater mühsam gebaut hat, wieder `rausreißen“, so Ringler, der mit Bildvergleichen aus den 50er- und 60-Jahren bis heute die Veränderungen der Flächen deutlich machte. „Gerade im Alpenvorland gibt es ein großes Potential an Moorflächen, die wiedervernässt werden könnten und die Landwirtschaft in ihrer Produktion nicht sehr einschränkten. Die moorigen Flächen sind oft nur klein, in der Summe aber entsprechen sie der des Bayerischen und Schwäbischen Donaumooses.“ erklärte Ringler.

Dr. Ulrich Mäck von der Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos und verantwortlich für zahlreiche Wiedervernässungsmaßnahmen, konnte bestätigen, dass die Wiederherstellung von so großen Mooren eine langwierige Aufgabe ist. Die Vorbehalte gegen eine Wiedervernässung waren anfangs riesig, stellten sich in der Praxis allerdings oft als überzogen dar. Mäcks zentrale Forderung an die Politik ist, die „Klimabauern“ für ihre Leistung, nämlich das CO₂ im Boden zu lassen, ordentlich zu bezahlen. Er spricht dabei bewusst nicht von „Förderung“, da ihr Beitrag zum Klimaschutz die eigentliche Leistung ist, die von der Gesellschaft getragen werden müsse. Dafür schlägt er einen Beitrag von 2000 € /ha und Jahr vor, was nur 0,4 % des gesamten bayerischen Haushalts ausmachen würde. Immerhin könnten aber damit 7% des bayerischen Klimagasausstoßes eingespart werden, was eine enorme Menge sei.

Die Landwirte Norbert Grenzebach aus Hochstadt im Landkreis Starnberg und Matthias Reißaus aus dem Landkreis Mühldorf, stellten ihre Betriebe vor, auf denen sie durch geschickte Rinderhaltung vernässte Feuchtgebiete nicht nur nutzen, sondern gleichzeitig die dringend benötigte Artenvielfalt fördern.

Über weitere positive Beispiele konnte man sich auf dem „Markt der Möglichkeiten“ informieren. Hier berichteten die Landschaftspflegeverbände der Landkreise Fürstenfeldbruck, Landsberg und Weilheim über ihre Arbeit. Die Andechser Molkerei zeigte auf, was ihre Milchbauern mit dem Projekt "KlimaBauern" zur CO₂ Einsparung leisten. Auch der Erzeugerverband „Naturland“ und der Oekom-Verlag waren vertreten und freuten sich über einen regen Austausch.

Rainer Hoffmann vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium konnte berichten, dass 5 Mio € zur Erforschung von klima- und moorbodenverträglichen Bewirtschaftungsformen ausgegeben würden, und dass es das Ziel der Staatsregierung sei, bis 2029 auf 20.000 ha landwirtschaftlicher Fläche nach dem Prinzip der Freiwilligkeit klima- und moorbodenfreundliche Maßnahmen umzusetzen. Das Bayerische Moorbauernprogramm ging im Jahr 2023 mit einer ersten Maßnahme an den Start. Weitere Maßnahmen zur Nutzung von nassem Grünland befinden sich in der Ausarbeitung.

Dr. Christine Margraf, die Artenschutzreferentin des BUND Naturschutz, legte ihren Fokus dann ganz auf den Artenschutz im Moor: „Ein Moor ist in erster Linie ein Ökosystem, das darf man nicht vergessen. Hier leben absolute Spezialisten, die wo anders überhaupt nicht leben können.“ So müssten die für jedes Moor typischen Lebensräume wieder hergestellt werden. Die Vielfalt trage zu einem funktionierenden Ökosystem bei, das wiederum für den Klimaschutz essentiell sei. Bereits seit 2003 gäbe es Moorschutz in Bayern. Der Klimaschutzgesetzentwurf 2021 sehe vor, bis 2040 ein Viertel der Bayerischen Moore, nämlich 55.000 ha, wieder zu vernässen. Dies seien 2.750 ha/Jahr. Zwischen 2014 und 2018 sei aber nur bei 135 ha/Jahr der Wasserspiegel angehoben worden.
Photovoltaik auf Moorböden erteilte Christine Margraf eine deutliche Absage und forderte einen Stopp der Versiegelung, um landwirtschaftliche Produktionsflächen zu erhalten.

Dass es beim Moorschutz einer gewaltigen Anstrengungen bedarf, um die ehrgeizigen Ziele des Klima- und Artenschutzes umzusetzen, war am Ende der Veranstaltung allen Teilnehmenden klar. Diese Anstrengung kann nur gemeinsam und im permanenten Dialog gelingen.