Goldgräberstimmung – wohl doch keine Satire
Uns geht es gut im Landkreis Starnberg. Umgeben von Feldern, Wiesen und Wäldern, mit zahlreichen Seen und bester Verkehrsanbindung genießen wir auch in einer Pandemie unsere nähere Umgebung.
Eigentlich wäre es normal, alles zu tun, um dieses Geschenk zu hegen und zu pflegen. Doch in unserem Landkreis herrscht Goldgräberstimmung.
Projektentwickler und zukünftige Investoren schlagen Bauprojekte vor, Gemeinde- und Stadträte bringen bereitwillig Bebauungspläne auf den Weg: Gebiete in Wäldern, auf Wiesen und Feldern sollen für viele ehrgeizige Planungen verwendet werden.
Der BN stellt dazu die entscheidenden Fragen. Was gewinnt die Allgemeinheit von immer mehr Gewerbegebieten? Was verliert die Allgemeinheit bei diesem Monopoly?
Es sollen hohe Gewinne winken, neben Ehre und Ruhm auch ein paar Euro für die Steuereinnahmen abfallen. Dass das letztere etwas dauern kann, hat auch Gautings Bürgermeisterin schon erkannt, als sie feststellte „[...] auch wenn die Steuereinnahmen erst in zehn Jahren fließen werden [...]“. Dennoch will sie die Entwicklung von neuem Gewerbegrund vorantreiben. Doch die in ferner Zukunft erwarteten Gelder sind heute mit hohen Ausgaben für Planung, Infrastruktur und Personal erkauft. Es wird gutes Geld verbraucht für erhoffte Einnahmen. Das kann sich nicht auszahlen.
Verantwortungsvolle Gemeindepolitik sieht anders aus. In einer seit über fünf Jahren fortgeschriebenen Auflistung kann der BN nachweisen, dass fast genau so viel neuer Gewerbegrund geplant wird, wie schon vorhanden ist – für wen? Etwa ein Drittel der vorhandenen Flächen sind nicht oder schlecht genutzt – siehe Sanierungsprojekt Mosaik in Starnberg. Im Landkreis Starnberg herrscht Vollbeschäftigung, der Wohnungsmarkt ist leer gefegt und neue Arbeitnehmer müssen weite Anfahrtswege in Kauf nehmen. Die Gemeindevertreter verschließen wider besseres Wissen die Augen vor enormen Kosten, die auf alle Orte zukommen werden, wenn die Planungen weitergetrieben werden. Das Credo vom Wachstum ist definitiv überholt.
Verlieren werden auch unsere Erholungslandschaft und die Natur, um deren Schutz wir alle kämpfen sollten. Wanderungen werden nicht mehr so einfach möglich sein, weil Zäune die Gewerbeimmobilien schützen, und der notwendige Luftaustausch zwischen eng bebautem Gebiet und dem offenen Land wird behindert. Unser lokales Klima leidet dann darunter. Ebenso verliert das Leben in der Natur. Tiere und Pflanzen können Gebäude und Asphalt-Straßen nicht so einfach überwinden, es wird sogar in naher Zukunft wegen verschwundenem Lebensraum einige Tiere und Pflanzen bei uns nicht mehr geben. Wo bleiben die hehren Ziele des Artenschutz-Volksbegehrens aus dem Jahr 2019? Die Umsetzung der erreichten Gesetzesänderungen lässt nicht nur lange auf sich warten, sondern wird unserer Erfahrung nach oft schlichtweg ignoriert.
Goldgräberstimmung – aber mit welchem Ende? Die Erfahrungen von Kalifornien in der Mitte und die von Alaska (Klondike) zum Ende des 19. Jahrhunderts sollten uns die Gefahren solchen Denkens gezeigt haben. Gewinne lassen sich nicht ohne manchmal schreckliche Ergebnisse erzielen.
Günter Schorn